Haeckel reloaded
„Was ist eigentlich aus dem Haeckel geworden?“ kam neulich die Frage. Ja, da hatte ich vollmundig Erwartungen geschürt, und dann kam es zu keinem Abschluss. Haeckel nahm seinen Platz in der UFO-Ecke ein. Buchstäblich. Der Behälter mit Garn und angefangenem Projekt saß mir wörtlich genommen im Nacken, auf der Sofakante in der Ecke. Ich spürte vorwurfsvolle Blicke, wenn ich an anderem arbeitete. Dann setzte ich mir eine Bedingung: wenn du die Anthomedusae fertig hast, darfst du an die Strickmaschine.
Hahaha, wer’s glaubt.
Die Motivation bestand darin, einige Kisten für AMPO zu befüllen, die Ende März in Neumünster ankommen sollen. Dann geht wieder ein Container auf die Fahrt nach Burkina Faso. Drei Monate dauert die Reise, und die Leitung des Waisenhauses samt der Bewohnerschaft wartet immer gespannt auf die Ankunft. Mittlerweile werden Decken, Tücher und andere Stricksachen nicht nur an die Waisenkinder ausgegeben, sondern auch eine Sozialstation wird versorgt. Zahllose Binnenflüchtlinge – die AMPO Mitarbeiterin in Deutschland berichtet von über einer Million – sind unversorgt im Land unterwegs.
Wir hören wenig von Burkina Faso, einem Land, das zu den 10 ärmsten der Welt gehört. Das Auswärtige Amt schildert kurz und trocken die Situation:
Die Bevölkerung von Burkina Faso ist divers in ethnischer und religiöser Zusammensetzung. Wie die anderen Länder der Sahel-Region ist Burkina Faso von Terrorismus, Überbevölkerung, Klimawandel und Armut betroffen. Die innenpolitische Lage ist seit Mitte 2018 durch eine Verschlechterung der Sicherheit im Norden und Osten des Landes gekennzeichnet, wo wiederholte Anschläge von islamistischen Gruppen das traditionell friedliche Zusammenleben zwischen den Religionsgruppen belasten. Die prekäre Sicherheitslage hat zu einer rasant wachsenden Zahl von Binnenvertriebenen und zur größten humanitären Notlage seit Bestehen des Landes geführt. Die Folgen des Klimawandels bereiten der mehrheitlich auf dem Land und von der Subsistenzwirtschaft lebenden Bevölkerung Burkina Fasos große Probleme und führen zu Flucht und Migration.
Unter den Binnenvertriebenen sind 60 % Kinder, 1/3 davon müssen dem Hungertod ins Auge sehen, schreibt UNICEF. Die Kinder können nicht einmal weinen, denn ein ausgehungerter Körper hat keine Substanz mehr für die Tränenproduktion.
Da freut es mich, dass es die Gewissheit gibt: die eigene Spende kommt im Land an und wirklich Bedürftigen zugute.
Man muss sich nicht darüber ärgern, dass auf Basaren und Kunsthandwerker-Märkten in Deutschland die selbstgemachten handgearbeiteten Angebote als überteuert angesehen werden, oft von Menschen, die sich die Produkte leisten könnten. Und man muss sich auch nicht darüber wundern, wie einige Wollwerkerinnen ihre eigenen Waren völlig unter Wert verscherbeln, weil sie ja „viel Zeit haben und so gerne handarbeiten“. Das ist der Ausverkauf der eigenen Lebenszeit und der Handwerkskunst. Da verschenke ich meine in Decken umgesetzte Lebenszeit lieber, als mir das Gequengel anzuhören.
„Warum spendest du nicht direkt Geld an AMPO?“ werde ich hin und wieder gefragt.
Tue ich indirekt. Ich investiere jährlich zwischen 60 € und 80 € allein für das Porto, um die Sachen zum Schiffscontainer befördern zu lassen. Neulich hat das AMPO-Büro in Berlin bei einzelnen Versendern nachgefragt, ob für Spendenware der Versandkostenpreis gesenkt werden könnte, mit ablehnenden Bescheiden.
Ich bin schon froh und dankbar für die ganzen feinen Wollspenden, um die Decken anfertigen zu können, auch da fließt indirekt Geld, nicht nur für die einmal gekauften Garne, sondern auch für Versandkosten. Es ist ein großes Vertrauen, mir die Woll-Pakete zu senden in der Erwartung: da wird was draus.
Jetzt habe ich den Bezug zur Einleitung völlig verloren und muss die Topic-Kurve wieder kriegen.
Die Decke mit den Anthomedusae ist fertig geworden mit Wollspenden von Barbara, Monika (beide Wollmeise), Ellen (Stashauflösung der verstorbenen Mutter) und Susn (Konengarnrest von einem anderen Projekt). Und von mir ist auch etwas dabei: Maschenproben von früheren Projekten. Auf diese Idee kam ich erst kürzlich, als ich meine Vorräte neu geordnet hatte. Warum war ich darauf nicht früher gekommen?
Wer auch ein paar Korallen häkeln möchte: die Anleitung (e) von Tatsiana ist ausführlich und bebildert. Einmal habe ich die Häkelzeit gestoppt: drei Stunden benötige ich im Durchschnitt für ein Modul, wenn ich am Stück dranbleiben kann. Man kann der Beschreibung durchweg gut folgen. Wenn man sich die Abkürzungen für die Maschenabfolge eingeprägt hat, kann man auch ohne tiefgreifende Englischkenntnisse den Instruktionen folgen.
Dieses Modell würde ich nochmal häkeln, wenn ich von einer Farbe eine größere Menge hätte und viele bunte Reste. Allerdings mit kleineren Modulen.
Vielen Dank, liebe Annette!
Nach den ersten beiden Sechsecken habe ich den Verbrauch des Blaus berechnet und dann kalkuliert, wie viele Ecken daraus werden können.
Der Rest reichte gerade noch für zwei Runden feste Maschen um den Rand.
Sonnige Grüße
Michaela
Liebe Michaela!
Sehr schön! Gut, daß Du genug Blau hattest, das bringt Ruhe in die Buntheit und ergibt einen schönen Kontrast!
Viele liebe Grüße von Annette