Flickwerk
Das Thema „Stopfen“ im Sinne von Reparieren textiler Schäden oder Löcher ist hier nicht zum ersten Mal Thema. Wobei der Schwerpunkt auf Verschleiß oder Mottenlarvenfraß bei Strick liegt.
Neulich stopfte ich ein Paar Textilschuhe und vergaß, das OEvre abzulichten. Es zog dennoch Kreise und bescherte mir einige Ausbesserungsaufträge. Nur wenige Auftraggeber_innen möchten ihre Schäden kunstvoll behoben haben, die meisten ziehen die herkömmliche Technik vor, bei der die Mottenverwüstungen oder Abnutzungsstellen möglichst unsichtbar behoben werden.
„Visible Mending“ heißt der Fachbegriff für sichtbares Flicken und Stopfen, das sich zur Kunstform entwickelt hat. In diesem Beitrag habe ich bereits Tom of Holland vorgestellt, der für das Stopfen eine Passion entwickelt hat und auch herausforderndernden Schäden am Gewand mit enthusiastischer Wiederherstellung begegnet.
Im gleichen Beitrag finden sich auch zahlreiche Tutorials für gelungene Stopfergebnisse. Beim „Visible Mending“ kommt es hauptsächlich darauf an, die Mühen der Reparatur auch sichtbar zu machen, sein Recycling- oder Upcycling-Ergebnis auch zu visualisieren und zu präsentieren.
Wer auf instagram #visiblemending eingibt, kann zahllose Ergebnisse sichtbarer Ausbesserungen bewundern. Hier beispielsweise einen Ärmel eines Aran-Pullovers, der von Flora Collingwood-Norris wiederhergestellt wurde. Bildquelle und zahlreiche phantasievolle Stopfbeispiele
Leider konnte ich bisher nicht so viele Freunde für die Stopfkunst gewinnen, obwohl es wirklich beeindruckende Beispiele gibt.
Sichtbares Flicken gibt es auch für Porzellan. Es nennt sich „Kintsugi“, und man versteht darunter, die Flickstellen an zerbrochenem Porzellan oder Keramikgeschirr mit Goldauftrag zu kennzeichnen. Es handelt sich um eine traditionelle japanische Methode, die bereits im 16. Jahrhundert praktiziert wurde, um den Makel zu adeln und ein neues ästhetisches Prinzip zu entwickeln.
Visible Mending ist also Kintsugi für Textilien.
Mein aktuelles Flickwerk ist überschaubar, obwohl es einige Zeit gekostet hat.
Ein Ärmelbündchen, das sich in Auflösung befand, wurde ersetzt, mit Holst Tides Garn aus dem Vorrat. Für die durchgescheuerten Ärmel wurden zwei Flicken im Bubble-Muster gestrickt und aufgenäht, das Blasenmuster taucht auch im Pullover auf. Das war auch das Höchstmaß an stopftechnischer Freiheit, das ich mir nahm.
Liebe Michaela,
wie immer lesenswert und inspirativ.
Hier liegen derzeit zwei viel geliebte Jacken und ich ringe schon seit geraumer Weile mit mir, ob und wie ich sie nochmal repariere – und bin hin und hergerissen, denn manchmal darf’s auch einfach mal was neues sein und wenn man so alle 10 Jahre eine neue Lieblingsjacke strickt, hat das auch was für sich.
Na, mal sehen, was aus den beiden noch wird (eine von mir und eine von meinem Mann beide aus der gleichen Strick-Epoche…) Dein Beitrag macht jedenfalls direkt Lust zum Stopfen als eigene kreative Herausforderung. Schau ma mal, dann seh‘ ma scho‘.
Viele Grüße
Damaris
Liebe Damaris,
ich gestehe, ich flicke lieber anderer Leute Sachen als meine eigenen. Hier wären ein Paar Socken und eine Jacke dran, was ich vor mir herschiebe.
Sich nach 10 Jahren etwas Neues zu stricken ist bestimmt kein überflüssiger Luxus.
Nach meiner Meinung wird deine Stopfarbeit bestimmt ein eigenes Kunstwerk. Ich beneide dich um deine Fähigkeiten im Umgang mit der Nähmaschine, da kann man aus dem „Visible mending“ bestimmt noch viel mehr herausholen und eine ganz neue Optik gestalten.
Liebe Grüße
Michaela