Warum ich keine Tassen fotografiere

Instagram. Bilder von Gestricktem. Bilder von Gehäkeltem. Bilder von Garnen. Und Tassen.

Bilder bei Instagram haben eine besondere Ästhetik. Da ich immer gerne was dazu lerne, guckte ich ganz genau.

Recherchiert habe ich nicht, aber irgendwo muss es einen Fotografie-Workshop für das Ablichten von Handarbeiten geben.
Den Instagram-Bildern entnehme ich folgende Empfehlungen:

  • Fotografiere nicht einfach dein Strick-/Häkelstück. Wähle einen passenden Untergrund, wie:
    unbearbeitete Holzplanken, bearbeitete Holzplanken, gefirnisste Holzplanken, weiße Holzplanken
  • Das Handarbeitswerk an sich ist nicht attraktiv genug. Gib ihm etwas zur Seite, wie
    eine Tasse, einen Blumenstrauß, eine Katze, eine Tasse, ein Häkeldeckchen, eine Vase, eine Tasse, ein Baby, Herbstlaub, eine Tasse. Der Tasseninhalt ist völlig gleichgültig.
  • Mit einem Objekt ist das Bild relativ leer (sofern es nicht auf Holzplanken, mit einem Blumenstrauß einer Katze oder einer Tasse abgelichtet ist). Nicht ein Paar Handschuhe sondern fünf. Nicht ein Pulli, sondern drei. Nicht ein Paar Socken, sondern sieben
  • Wenn es deinem Strickstück an geeignetem Hintergrund fehlt (Planke, Tasse, Katze, Baby, Herbstlaub, Blumenstrauß, anderes Haustier …), gehe ins Freie und strecke dein Werk zusammengeknullt mit dem Knäuel an den Nadeln vor irgendeine Gegend (Planken, Berge, Seen, Laub …) oder eine weiße Wand. Man muss von dem Werk nichts erkennen, es ist die künstlerische Attitüde, die den Reiz ausmacht.
  • Wahre Photokünstlerinnen schaffen den Kunstkniff, möglichst alle Empfehlungen in einem Bild zu versammeln: Strickwerk auf Planke, mit Tasse, Häkeldeckchen, Blumenvase, Katze, handgestrickte Socken an den Füßen und man sieht an den Armen, die das Strickstück halten, Ärmel mit komplexem Fair-Isle-Muster.

Wow, ganz großes Kino!

Ihr meint, ich übertreibe?

Siehe bei Instagram #knitting, #knitting_inspiration, #knittersofinstagram, #crochet, #Stricken #strickenmachtglücklich… Hier kann überall geschaut werden, bei dem der Hashtag irgendwie mit „Knit“ oder „stricken“ anfängt.

Wobei die Häkelarbeiten seltener mit „Umgebung“ überfrachtet sind.

Weil da ja ein Markenname auftaucht, muss ich wieder den Spruch für Deppen ablassen, wobei ich nicht die geneigte Leserschaft meine. Die Tasse habe ich vor Jahren von meiner Nachbarin bekommen, und es gibt sie ohnehin nicht im Handel.

LanArta

6 Responses

  1. ach ja…. was soll ich noch hinzufügen…
    ich nehme auch schnappschüsse
    Ich bin sowieso noch etwas „fotogeschädigt“ – wenn man in Asien Urlaub macht sind die Selfie-Posen einfach nur … nein, mir fällt kein Wort ein. So dümmlich und so stereotyp … Während unseres Urlaubs kam auch grade die Nachricht, dass zwei bekannte Reiseblogger in den Tod gestürzt sind bei einem besonders arrangierten Selfie auf einer Klippe…
    WAS machend die Leute eigentlich mit diesen abertausend Selfies?????

    • Da muss man gar nicht so weit gehen, bis man zu den Selbstinsszenierungen von Reisebloggern kommt.
      Der umpfzig mal aufgenommene Sonnenuntergang, der krausrechts Schal aus 17 Positionen abgelichtet, gäääähhhhn.
      Ich habe letztens das erste Selfie gemacht, mit einer Person, die ich 30 Jahre lang nicht gesehen hatte, wir trafen uns bei den Webdays.
      Geschickt haben wir es einer Person, die sie ebenfalls 30 Jahre nicht gesehen hatte. Obwohl sie erst 37 Jahre alt ist, haben wir uns beide sofort erkannt.
      Das – finde ich – war ein Anlass für ein Selfie

  2. Ja, wo du recht hast, hast du recht. Zuviele Tassen und Holzplanken, und zuwenig gut sichtbares Gestrick.
    Ich mach’s wie Ute und nehm den erstbesten Schnappschuss (weil ich hab ja auch noch anderes zu tun)

    LG
    Connie

    • Hey, Connie,
      die Bilder haben ein bestimmtes „Strickmuster“, oder Kompositionsmuster. Vielleicht unterliegt das auch einer Mode und ändert sich im Lauf der Zeit.
      Ich denke da an Kerzen, Weihnachtsschmuck, Tannenreisig …
      Viele Grüße

      Michaela

  3. Liebe Ute,
    das freut mich, dass auch dir diese Arrangschemangs, wie eine Bekannte zu sagen pflegt, auffallen und missfallen.
    Mich erinnern sie frappierend an den Eindruck, wenn man Fußballerfrauen oder weibliche Promis anschaut: irgendwie erkennt man das gleiche Schnittmuster, das der Schönheitschirurg verwendet hat.
    Und in der Tat sind die ersten „Testbilder“ meist besser als die danach schön angeordneten Aufbauten.

  4. Du hast ja so recht – diese spezielle „Ästhetik“ geht mir auch ziemlich auf den Keks. Ich will da in erster Linie Strickstücke sehen und nicht die immergleichen Kompositionen. Bei meinen eigenen Bildern nehme ich in der Regel den erstbesten Schnappschuss. Wenn ich da anfangen würde, erst mal den Geschirrschrank zu sichten hätte ich ja noch weniger Strickzeit …
    Liebe Grüße,
    Ute