Wimplig
Mit einer passenden Umrandung sehen Decken einfach proper aus. Das Finish ist das Sahnehäubchen für jedes Handarbeitsprojekt. Immer wieder ist zu hören, dass Zusammennähen, Fäden vernähen, also die Ausarbeitung, lästig und unbeliebt sei.
Dem Werk den letzten Schliff zu verleihen erfüllt mich mit Zufriedenheit. Gerade bei meinen Decken aus Spendengarnen, die häufig durch die verschiedenen Materialien unregelmäßige Ränder aufweisen, kann man optisch noch jede Menge durch einen Rand herausholen. Dabei ist zu entscheiden, ob der Rand ein größeres Gestaltungselement ist oder einfach nur als Einfassung dient, um Unsauberkeiten zu verdecken. Häufig verarbeite ich im Rand die Reste der verwendeten Garne, dann sind auch diese gut untergebracht und ich muss mir nicht ausdenken, wie ich diese noch verarbeiten könnte.
Vor ungefähr 20-25 Jahren bin ich mit nordischen Strickarbeiten bekannt geworden. Dabei habe ich den mitgestrickten Rollrand an den Kanten kennengelernt, später tauchte der Begriff I-Cord auf. Der I-Cord fand dann auch durch die Autorin und Designerin Elizabeth Zimmermann Verbreitung. Sie schrieb zahreiche Bücher über Stricktechniken und angewandte Mathematik beim Errechnen passformgerechter Kleidung, immer bedacht, den Strickerinnen Handwerkszeug mitzugeben, damit diese selbst Strickkleidung für sich und ihre Familie entwerfen oder vorhandene Anleitungen abändern konnten. Diese heutigen Masche-für-Masche-Anleitungen, die den Strickerinnen ersparen sollen, Grundlagen zu lernen oder ihren Verstand zu gebrauchen wären ihr bestimmt zuwider gewesen, ihr Credo war die Selbständigkeit beim Stricken und Individualität bei der Gestaltung.
Der I-Cord kann auch im Nachhinein Ränder versäubern, zu viel Weite einhalten oder in Kontrastfarben eigenständig als Schmuckelement wirken. Mein Lieblings-I-Cord – ja, es gibt verschiedene Varianten – ist der nachträglich angestrickte I-Cord. Dafür benötigt es keine offenen Maschen, er kann praktisch an jeder Kante angebracht werden. Seit ich diese Variante im Jahr 2008 entdeckt habe, nutze ich nur noch diese Technik von Purl Soho, sie bietet beidseitig die schönste Optik. Weiterer Vorteil: man kann diesen Rand auch an Häkelprojekten anbringen.
So gerne ich den I-Cord nutze: ich wollte an dieser Decke auch einmal etwas Neues ausprobieren.
Diese Einfassung mit der Kettmaschenlinie gefällt mir sehr gut. Wenn die letzte Reihe in einer kontrastierenden Farbe gearbeitet wird, ergibt sich ein weiterer Effekt. Je nachdem, wie breit der Rand werden soll, wird eine entsprechende Anzahl von Reihen gestrickt, in meinem Beispiel sind es acht Reihen in glatt-rechts. Der Rand sieht von beiden Seiten gut aus.
Ich muss zugeben: ich habe keine Anleitung dazu gefunden, aber auch nicht ausufernd danach gesucht. Hier eine kurze Beschreibung:
- Nadelstärke mindestens zwei Stärken weniger als das Strick-/Häkelstück gearbeitet wurde. Bei dieser Decke wurden die Kacheln in Nadelstärke 4,5mm gearbeitet und für den Rand eine 3mm-Nadel genommen.
- Maschen von der Kante aufnehmen, je nach Muster im Verhältnis 2 zu 3 oder 3 zu 4. Das heißt: aus drei Reihen 2 Maschen herausstricken oder aus vier Reihen drei Maschen. Wenn man die Maschen aus einer offenen Maschenkante nutzen kann, behält man die Maschenzahl genauso bei.
An dieser Stelle verweise ich gern auf ein Grundlagenbuch – egal, welches -, das die Technik des Maschenaufnehmens an Kanten gut beschreibt. - Acht Reihen in glatt-rechts arbeiten.
- Nun kommt eine Häkelnadel zum Einsatz, in gleicher oder kleinerer Stärke wie die Nadel für die acht Reihen: damit sticht man in die unterste Reihe der Masche auf der Stricknadel ein, nimmt mit der Häkelnadel die Masche oben von der linken Nadel, zieht den Faden hindurch. Nun zieht man diese Schlaufe auf die Vorderseite und durch die Masche auf der Häkelnadel. Die Kante biegt sich automatisch nach hinten.
Dann wiederholt man die Prozedur bei allen Maschen. Dadurch entsteht der Kettrand und die Maschen werden auch buchstäblich abgekettet.
Und nun die Gesamtansicht, es wurden 1610 g Garne verbraucht.