Omnium Gatherum, oder: für die ärmsten der Armen
Über das Handarbeiten für einen gute Zwecke habe ich mich schon 2010 in meinem früheren Stricktagebuch geäußert. Einige Links mag es vielleicht nicht mehr geben (ich kann im Stricktagebuch auch nichts mehr ändern), aber die Inhalte sind nach wie vor aktuell.
Mittlerweile hat das Handarbeiten für „Charity“, wie man modernisiert sagt, auch in Deutschland weiter um sich gegriffen, vielleicht erfährt man aber auch nur mehr darüber, weil die Verbreitung der guten Taten über das Internet einfacher ist und eher wahrgenommen wird, als Berichte in örtlichen Gemeindeblättchen.
Seinerzeit habe ich bereits verkündet, ich würde keine Projekte stricken, die nicht unmittelbar bei den Adressaten ankommt. Ganz zufällig bin ich auf eine Organisation in Burkina Faso in der westlichen Sahel-Zone gestoßen, die meine volle Bewunderung hat, weil sie von einer einzelnen Person angestoßen wurde und es zu großen Erfolgen gebracht hat. Die Gründerin von AMPO, Karin Rhode, bekam für ihr Engagement bereits das Bundesverdienstkreuz. Ein regelmäßiger Jahresbericht gibt über die Mittelverwaltung Aufschluss.
Es geht einem das Herz auf, wenn man Bilder von „Vor Ort“ sehen kann, wo die Bedürftigen mit Freuden die von uns gestrickten Sachen tragen und nutzen. Menschen, die AMPO besuchen, informieren die Spender mit aktuellen Bildern, die man nicht auf der Website sehen kann. Mir gefällt der Ansatz, dass die Bewohner bei AMPO das anziehen, was sie selbst herstellen / nähen können und nicht den Ausstoß abgelegter Kleidung aus westeuropäischen Altkleidersammlungen sogar noch kaufen müssen. Was den armen Leuten vor Ort fehlt, sind warme Kleidung und Decken, denn sie frieren bereits bei 25° C, insbesondere Säuglinge, Kinder und ältere Leute. Kinder und Jugendliche bekommen auch westliche Kleidung gespendet, Erwachsene nicht. Hier das Intro für den neuen Film über AMPO.
Diese beiden Häkelmuster eignen sich gut für die Resteverarbeitung. An den beiden Tuchmustern gefällt mir besonders, wie die Tücher sich durch die Rundung um den Hals schmiegen und von selbst liegen bleiben, ohne Notwendigkeit einer Befestigung. Wenn man nicht gerade die Restekiste abarbeitet, kann man mit entsprechender Farbgestaltung klasse Effekte erzielen. Durch eine Mitstrickerin, die die Einrichtung in Ouagadoudou bereits besucht hat, erfuhren wir, dass die Burkinesen es in jedem Fall bunt mögen, daher muss man nicht durch exquisite oder dezente Farbauswahl Lorbeeren einsammeln. Hauptsache: warm.
Es gab schon Debatten inner- und außerhalb des Internets: warum denn für Rumänien oder gar für Burkina Faso handarbeiten, es gäbe doch genügend Arme bei uns. Ja, die gibt es. Daher liefere ich auch Gestricktes beim Essenstreff der Obdachlosen ab, besonders Sachen für Frauen, die auch bei den Obdachlosen noch eine Stufe drunter stehen. Obdachlose schauen einen auch nicht mit großen Kulleraugen an oder verheißen eine lebenswerte Zukunft für die Betroffenen. Sie sind nicht medienwirksam und führen selten zu publikumsträchtigen Auflagen in der Presse.
Wie ihr wisst, bin ich nicht die Kleinteile-Strickerin, was Mützen, Socken, kleine Tücher und dergleichen anbelangt. Genau das brauchen aber Menschen, die kein eigenes Zuhause haben und ihre Habseligkeiten in Rucksäcken oder Taschen mit sich tragen. Decken, voluminöse Tücher und schwere Strickstücke sind da nicht gefragt. Aber anderswo wird es gebraucht, und ich kann ohne Einschränkung anfertigen, wozu ich Lust habe.
Im übrigen bin ich der Meinung: wenn man Bedürftige in ihrer Heimat unterstützt, haben sie keinen Grund, hierher zu kommen, um die fremdenfeindlichen Argumente gewisser Parteien zu befeuern. Ganz davon abgesehen, dass ich gerne selbst entscheide, wem ich meinen Überfluss zukommen lassen möchte, und in welcher Form ich Spenden verteile.
Wer für gute Zwecke handarbeiten möchte, aber vor Ort keine Möglichkeit sieht, hat in dieser deutschsprachigen Ravelry-Gruppe die Möglichkeit, sich eine passende Empfängergruppe für die eigenen Fertigprodukte auzusuchen.
Das Stricktuchmuster ist ebenfalls ein Idealfall für den Resteverbrauch. Man kann im Vorfeld überlegen: nimmt man als Hintergrund dunkle Farben und helle für den plastischen Vordergrund oder umgekehrt? Ich habe mich für die dunklen Farben im Hintergrund entschieden.
Das Muster ist ein klassisches Dreiecktuch mit Zunahmen in der Mitte und an den Seiten, um die Dreiecksform zu erzeugen.
Für die plastische Gestaltung, die auf beiden Seiten gleich schick (farblich aber nicht reversibel) aussieht strickt man
- Maschenanschlag mit der Vordergrundfarbe im Magic Loop, 10 Maschen aufnehmen
- eine Reihe rechts stricken (Rückreihe), dabei nach 5 Maschen einen Maschenmarkierer für die Kennzeichnung der Mitte einhängen
- Reihe 1 und 3: Randmasche, 1M in beliebiger Technik zunehmen, stricken bis 1 Masche vor dem Markierer, 1M zunehmen, M vor und nach dem Markierer stricken, 1M zunehmen, Stricken bis Randmasche, 1M zunehmen, Randmasche
- Reihe 2 und 4: alle Maschen links stricken
- Reihe 5-8: Hintergrundfarbe. Die Zunahmen wie bei Reihe 1-4 beschrieben weiterführen.
- Reihe 1 rechte Maschen, Reihe 2 rechte Maschen, Reihe 3 linke Maschen, Reihe 4 rechte Maschen
- Diese acht Reihen wiederholen, bis man das Tuch für groß genug hält, die Garne ausgehen oder man keine Lust mehr hat.
Dann lose abketten.
Von den Kleinstresten ist die Mütze entstanden: ein gehäkeltes Parallelogramm mit der Grundseite so lang wie der Kopfumfang, Schrägen zusammenhäkeln, die Oberseite zusammenziehen und die Mütze ist fertig.
Der Schal ist aus einem Garn, das aus 7 Fäden zum Maschinenstricken gedacht war. Allerdings hopste es immer von den Nadeln. Muster habe ich auf Kästchenpapier angelegt und in kraus-rechts gestrickt, bis das Garn zuende war. Damit das Zickzackmuster gut herauskommt, habe ich grünes Maschienengarn von Hannelotte vierfädig genommen.
Schon einige Male wurde hier von Garnspenden berichtet. Ich rede nicht von Säcken, die an der Tür hängen und von Mottenbehausungen bis Quietscheplastik alles beinhalten, sondern von guten Qualitäten, die von Projekten übrig waren und nicht in den Laden zurück gebracht wurden, oder von Einzel- oder zwei Knäueln, die in keinem anderen Projekt untergebracht werden konnten. Da bekommt man einen breiten Überblick über aktuelle Garne: wie sie sich anfühlen, wie sie sich verstricken lassen, wie die Farben in Natura aussehen. Nochmal ein herzliches Dankeschön an die Spenderinnen, ich hoffe, ihr seid zufrieden, was damit geschieht.
Insgesamt wurden knapp 5500 Meter und über 2kg Garn verarbeitet. Jeder Fitzel aus einem Sammelsurium von Qualitäten und Garnstärken wurde irgendwie genutzt.
Auf Ravelry habe ich das Projekt Omnium Gatherum Part I genannt, der schöne englische Name für „Sammelsurium“. Das „Part I“ lässt darauf schließen, dass es noch einen weiteren Teil geben wird. Angefangen ist der aber noch nicht.