Zehn Doubleface – /Wendeschals und eine Mütze

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Übrigens bevorzuge ich die französisch ausgesprochene Variante von Doubleface, schließlich leben wir hier in Grenznähe, und das ist man seinem Nachbarn schuldig, zumal der Begriff aus dem Französischen stammt.

Letztens im Zug saß ich zwei jungen Frauen gegenüber, die wohl eine Ausbildung im kaufmännischen Umfeld machen. Die eine regte sich unglaublich auf, weil ihre Chefin sie zusammengestaucht hatte. Sie hatte nämlich keine Ahnung, was die Kundin wollte, als sie von einem Doubleface Wollstoff sprach. Das Mädel war immer noch der Ansicht, es müsse Englisch ausgesprochen werden, und schließlich könne sie doch nichts dafür, wenn die Kundin keine Ahnung von der richtigen Aussprache habe …

In diesem Jahr fertigte ich doppelseitige Schlauchschals, bzw. Wendeschals in größeren Mengen.
Die freundlichen Wollgaben von Johanna und Frau Siebenstein wollten in Projekte münden, die anderen zugute kommen. Ich entschied mich für die obdachlosen Frauen in der Region, aber auch für Freunde. Die Idee kam mir, als ich dieses Modell von Purl Soho sah. Warme Wollschals, die man auch über den Kopf ziehen kann, sind für die obdachlosen Frauen doch bestimmt tauglich. Damit füllte ich dann den großen Umzugskarton von Frau Siebenstein bis an die Kante. Diese hatte nämlich einige ihrer feinen Stricksachen und Restgarne aussortiert und für die Frierenden zur Verfügung gestellt.

Bildquelle und Anleitung https://www.purlsoho.com/create/2015/02/20/reversible-cowl/

“Das kann man doch bestimmt mit dem Handstrickapparat stricken und 250 öde Runden in glatt-rechts vermeiden”, dachte ich. Ja, kann man, bis auf die links gestrickte Bruchkante. Das habe ich einmal händisch umgehängt, bei 160 Maschen. Nein, danke, das muss ich nicht wieder haben.

Eine zweite Möglichkeit testete ich auch: an einer Seite strickte ich einfach noch händisch eine Runde links. Aber ehrlich gesagt: die beiden unterschiedlichen Farbflächen schmiegen sich auch ohne Bruch gut aneinander.

Wie ich es schließlich gemacht habe, erläutere ich dann im Rahmen der Anleitung, die zum Download bereit steht.

Wie bereits erwähnt, wurden meine Wollvorräte kräftig durch geschenkte Garne aufgestockt. Tja: und ein Teil davon ist auch schon verarbeitet. Ein weiterer Teil wurde für Häkelworkshops bei den Flüchtlingen beiseite gelegt.

Ich interpretierte also diese Anleitung von Purl Soho um, damit sie auf dem Handstrickapparat gearbeitet werden kann. Das geht auf einem Einbett-Modell (man hat dann eine Naht, die man zum Schlauch zusammennäht) oder auf einem Doppelbett-Apparat, der gleich alles rund strickt. Der Schlauch besteht aus zwei oder mehreren Farben. Eine weitere Möglichkeit zum Verbrauch kleiner Garnreste. Dabei ist zu beachten, dass man in diesem Fall einige Fäden zu versorgen hat.

Hier also eine Skizze der Vorgehensweise

Verwendet wurden verschiedene Garnqualitäten und Garnstärken, die vom Handstrickapparat verarbeitet werden können. Die einfache Länge beträgt dann ca. 33-35cm, der schmalste Umfang am Hals ca. 40cm.

  • An der Schulterseite ist der Schlauchschal breiter und verengt sich dann. Im ersten Teil werden Maschen abgenommen, die im zweiten Teil wieder zugenommen werden
  • Stricktechnik: rundgestrickt auf einer Doppelbett-Maschine, Wer kein Doppelbett hat, näht dann nach dem Stricken die Fläche zum Schlauch. Hier muss man überlegen, wie man die Abnahmen verteilt. Ich selbst würde zur Vermeidung des Umhängens in der Mitte des Strickstücks die Maschenweite varieren, beispielsweise in Schritten bis  MW 6 und wieder zurück auf MW 8 in den entsprechenden Reihen.
  • Design: sieht natürlich prima aus, wenn beide Seiten unterschiedliche Farben haben, man kann auch Reste in Ringeln verarbeiten – soweit die Farbe reicht. Da kann man unter den kleinen Resten von drei- bis fünffädig fast alles verwursten. Ich mischte auch verschiedene Garngewichte.
    Meinen Test “außen Lochmuster, innen glatt” habe ich aus Zeitmangel zurück gestellt. Hie kann man natürlich noch Varianten einbauen.
  • Zeitaufwand: zum Stricken benötigte ich 3/4 Stunden bei vorsichtiger Strickweise, hier gibt es sicher Steigerungsformen. Das Finish dauerte gleich lang, gegen Ende schaffte ich es in einer halben Stunde, auch hier gibt es sicher Leute, die das wesentlich schneller bewältigen.

    Vorgehensweise
  • Mit Kontrastgarn 160 Maschen verteilt auf die zwei Nadelbetten anschlagen 40|40 am Hauptbett (HNB), 40|40 am Doppelbett (DB), Schlitten zum Rundstricken einstellen und einige Runden stricken. Zur Erinnerung, eine Runde besteht stricktechnisch (Reihenzähler) aus zwei Reihen. Während des Strickens die Maschenweite auf beiden Betten bis auf MW 8 erhöhen.
  • Reihenzähler auf Null stellen, Farbe 1 einfädeln und bis zur Reihe 48 stricken (24 Runden). Beidseitig der beiden Nadelbetten je eine Masche abnehmen, insgesamt also 4 Maschen. Ich habe das mit dem Dreierdecker gemacht, jedoch nicht direkt am Rand, sondern 9 Maschen davon entfernt. Mit anderen Worten, man versetzt 9 Maschen um eine Masche nach innen. Damit wird eine Abnahmelinie vermieden. Wer diese gerne haben möchte, kann die Abnahmen an den Rändern machen.
  • Bis zur Reihe 104 stricken, gleiche Abnahme, das gleiche bei Reihe 154 und Reihe 200. Dann hat man noch 144 Maschen
  • Bis Reihe 248 Stricken, dann die Garnfarbe wechseln
  • Reihenzähler auf Null stellen
  • Nun zunehmen, und zwar in den Reihen 48, 104, 154, 200. Ich habe das wie bei den Abnahmen 9 Maschen vom Rand entfernt gemacht. Man endet mit Reihe 248 und hat wieder 160 Maschen
  • Noch einige Reihen in Kontrastgarn stricken und abwerfen
  • Nun die Maschen der Außenreihen auf zwei Rundnadeln nehmen, vorzugsweise etwas dünner als die Maschenstärke (2-2,5mm), das Kontrastgarn entfernen, Fäden am Farbwechsel vernähen
  • Schlauch zur Hälfte falten. Nun hat man mehrere Möglichkeiten, die beiden Schlauchhälften zu verbinden.
    – man näht die Maschen im Maschenstich zusammen (Kitchener Stitch)
    – Man strickt die Maschen in der drei-Nadel-Technik zusammen und kettet ab (Three-Needle-Bind-off)
    – wie ich es gmacht habe: man zieht immer eine Masche von der hinteren Nadel über die Masche der vorderen Nadel und umgekehrt. Das gibt ein hübsches Kantenmuster

Ach ja. wie es zur Mütze kam? Dumerweise drehte ich die eine Hälfte um 360 Grad vor dem Zusammenfügen. Das ergab die Mütze mit Strudel-Anmutung. Ist aber gar nicht schlimm, man kann die Mütze auch als Schlauchschal tragen.
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LanArta

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