Fastenzeit 2018 und Autophagie – Featuring Mount WIPmore

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Wer sich bei bei Wikipedia über die Fastenzeit kundig machen will, stellt fest: nicht nur die christliche Tradition kennt das Fasten, sondern in nahezu allen Religionen gibt es Fastenperioden.
Fasten bezieht sich häufig auf den Verzicht bestimmter Nahrungsmittel in einem gewissen zeitlichen Rahmen. Die vorösterliche Zeit ist jedoch auch die Zeit der Besinnung, früher als “Bußzeit” bekannt. Dabei geht es jedoch heutzutage nicht mehr um Selbstkasteiung und Selbstgeißelung, sondern darum, darüber nachzudenken, an welcher Stelle man vielleicht eine Änderung im Alltag vornehmen kann, eine Umkehr oder zumindest eine bewusste Unterbrechung im eingeschliffenen Lebensstil. Da kommt oft der Verzicht auf bestimmte Genussmittel ins Spiel: Rauchen, Alkohol, übermäßig Fleisch essen, Süßigkeiten, Fernsehen und vieles mehr.
Dem Körper kommt es bestimmt entgegen, dem winterlichen Genussüberhang eine Reduktion des “zu viel” entgegen zu setzen.

Die Frühlingszeit mit den heller werdenden Tagen sorgt auch für eine gewisse Aufbruchstimmung und Lust nach Veränderung. Der sogenannte “Frühjahrsputz” sorgt in den Supermärkten für Angebote von Reinigungsmitteln aller Art. Die Fastenkuren schießen wie Pilze aus dem Boden und werden variantenreich angeboten, oft mit dem Hinweis, der Körper wolle “entschlackt” werden. Zahllose Debatten erläutern, ob der Körper auch tatsächlich entschlackt. Der Körper entschlackt immerzu, nämlich genau dann, wenn man ihm dazu auch Zeit gibt und nicht permanent am Knabbern und Mampfen ist.

Was bereits in uralter Zeit seine Berechtigung und tiefen Sinn hatte verhalf dem Japaner Yoshinori Ōsumi im Jahr 2016 zum Nobelpreis in Medizin, die Autophagie oder Autophagozytose.

Zusammengefasst passiert dabei folgendes: Beim Fasten entsteht ein Mangel an Nährstoffen, der zum Abbau von unwichtigen Zellbestandteilen führt. Diese werden dann für die Bildung neuer Zellen verwendet, also eine Art Recycling alter Zellbruchstücke.

Außerdem ermöglicht Autophagozytose auch den intrazellulären Abbau von Viren, Bakterien und Fremdproteinen, die in die Zelle eingedrungen sind. Das heißt: Fasten trägt zur Immunisierung bei, verkürzt gesagt. Wer also während infektiösen Krankheiten fastet, ermöglicht, dass Zellbruchstücke abgebaut und neuer Zellbildung zugeführt werden, damit wird immunisiert, also eine Abwehr gegen Entzündungen geschaffen. Fasten heißt dabei nicht, gezuckerte oder anderweitig angereicherte Getränke oder Suppen zu sich zu nehmen, denn Kohlenhydrate verhindern die Autophagie.

Wie der Herr Yoshinori festgestellt hat, setzt diese Autophagie nach ca. 14-stündigem Fasten ein. Wenn also eine längere Fastenzeit eingehalten wird – in der Regel wird eine Woche empfohlen – ermöglicht seinem Körper ein tüchtiges Aufräumen und Neugestalten seines Organismus. Das könnte man vielleicht als “Entschlacken” bezeichnen. Daneben wir empfohlen, viel zu trinken, um Schadstoffe auszuschwemmen.
Dazu muss man sagen: das Ausschwemmen gilt natürlich nur für wasserlösliche Schadstoffe. Die häufig in unserem Körperfett angesiedelten Schadstoffe werden durch viel Trinken nicht ausgeschwemmt. Wer ein paar Liter Wasser über ein Stück Schinkenspeck kippt, wird sehen, dass da nichts ins Fett eindringt. Also kann auch nichts ausgeschwemmt werden.
Verlassen wir nun die Biochemie.

In der Strickwelt lesen wir nicht nur zur Fastenzeit, dass “Wolldiät” oder “Wollfasten” durchgeführt werden. Das heißt nicht, dass auf Garne tierischen Ursprungs verzichtet wird, sondern der Wolleinkauf soll drastisch reduziert oder gar für eine Weile eingestellt werden. Für einige Strickerinnen ein herber Einschnitt in die Lebensqualität und definitiv ein Innehalten und die Möglichkeit zu innerer Umkehr.
Vielleicht gibt es auch eine Art Autophagie in der Wollwelt: es wird auf die vorhandenen Vorräte zurück gegriffen. Farben und Garne werden daraufhin überprüft, inwieweit sie taugen, den Stash lebensfähig zu erhalten. Angefangene Strickstücke werden ans Licht gezerrt, damit sie ihre Existenzberechtigung beweisen: eignen sie sich dazu weiter verwendet zu werden oder sollen sie quasi autophagisch aufgetrennt und die Bestandteile neuen Projekten zugeführt werden? Oder werden die Unvollendeten wieder versteckt und mit schlechtem Gewissen neue Garne beschafft und jungfräulich angestrickt oder angehäkelt?
Mit letzterer Vorgehensweise tut man der Stash-Autophagie definitiv keinen Gefallen, d.h. es wird die Chance verpasst, seinen Vorräten eine Wandlung zukommen zu lassen und beispielsweise durch Beenden angefangener Projekte Raum für Neues zu schaffen und Altlasten zu beseitigen. Bei vielen Garnliebhaberinnen ensteht dabei eher eine Verjüngung, keine Reduktion des Vorrats, denn – wie im richtigen Leben – hält die Gewichtsreduktion nicht lange vor, sondern die verlorenen Pfunde werden unverzüglich durch neue Garnkäufe ersetzt. Wie man dem Jojo-Effekt beim Garnfasten entgegen wirken kann, ist noch nicht ausreichend erforscht.

Als Aktion zur Fastenzeit habe ich mir vorgenommen, alle vorhandenen begonnenen Projekte einmal ans Frühlingslicht zu holen. Hier also die UFO-Halde, die zu beseitigen der Erneuerung der Bevorratung einen großen Dienst erweisen würde.

Darf ich vorstellen? Mount WIPmore! Macht nix, wenn jemand die Anspielung nicht versteht

 

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LanArta

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6 Responses

  1. Danke für den lesenswerten Post mit den vielen guten Denkanstößen.

    Das war dann jetzt (unter anderem) der letzte Kick, mal was aufzuribbeln, was definitiv umgebaut werden muss….

    LG Hummelbrummel

  2. Hallo, Klara,

    gut, dass du an das Entmotten durch Kälte gedacht hast. Ich habe es vergessen, hoffe aber auf die Sommerhitze.

    Ich hoffe, #1 vom Mt. WIPmore am Wochenende fertig zu stellen. Stay tuned!

     

    Viele Grüße!

  3. Ich habe es tatsächlich geschafft, die tolle Wolle bei den vorangegangen Frösten draussen durchfrieren zu lassen (und den Ort der Lagerung gründlich zu reinigen). Vielleicht schaffe ich noch das ein oder andere fertigzustellen.

  4. Hallo, Waltraud,

    gut, dass es mit meinen Nähkünsten nicht weit steht. Aber ein WIP ist tatsächlich dabei, das auch Näharbeit erforderlich macht. Das will ich im Sommer tragen.

    Zeigst du deine Nähsachen bei Ravelry? Wir können uns ja gegenseitig anspornen, unsere “Unvollendeten” zu einem zufriedenstellenden Finish zu bringen.

    Viele Grüße

     

    Michaela

  5. Mit ganz so viel angefangenen Strickstücken kann ich nicht dienen, ich toppe dafür mit angefangen Nähsachen.

    Diese werden, wenn sie eigentlich beendet sind, dann aber einfach nicht richtig sitzen in einen Schrank gelegt. Da geht nun beinahe die Türe nicht mehr zu.

    Ich habe mir vorgenommen, mich hier jetzt Stück für Stück durchzuarbeiten. Einen Anfang habe ich diese Woche schon gemacht.

     

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