Der Dazukauf oder “Die Singleparty”

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Ich erzähle der werten Leserschaft nichts Neues, wenn ich von Einzelknäueln berichte, die in jedem Garnvorrat ihr Unwesen treiben. Die Immigration nach Stashhausen erfolgt unter verschiedenen Gesichtspunkten. Neulich berichtete ich von exquisiten Einzelknäulen, die wundervolle Geschenke sind und vor lauter Ehrfurcht und Dankbarkeit nicht verarbeitet werden. Oftmals fällt einem auf Anhieb auch kein schönes Projekt ein, bei dem diese edlen Gaben richtig gewürdigt werden können.

Und jetzt kommt der “Dazukauf” ins Spiel. Kennt jemand diese herrliche Geschichte von Kurt Kusenberg? Sie befindet sich in einem Sammelband aus den 70-ern und ist bestimmt nur noch antiquarisch erhältlich. Da ich das Büchlein nicht zur Hand habe, erzähle ich die Story aus dem Gedächtnis. In einem Ort wurde zur Ankurbelung der Wirtschaft eine Verordnung erlassen, wonach man zum Kauf eines Bedarfsgegenstandes immer noch etwas dazu kaufen musste. Jedoch konnte man sich den Dazukauf nicht aussuchen, er wurde vom Händler bestimmt. Wollte man beispielsweise ein paar Handschuhe erwerben, konnte es sein, dass man noch ein Käseschneidbrett nehmen musste. Das zählte noch zu den harmloseren Verknüpfungen. Es war natürlich auch möglich, dass man aus dem Haus ging, um eine Handsäge zu kaufen und kam dann auch mit einem Rasenmäher nach Hause. Es war natürlich ein großes Hallo, wenn der Einkäufer zurück kehrte. Ihr könnt euch das weiter ausspinnen. Gleichzeitig entwickelte sich auch ein reger Tauschhandel, um nicht benötigte Dazukäufe wieder loszuwerden und stattdessen Brauchbares zu erhalten. Ja, da gab’s noch keine eBay Kleinanzeigen oder andere Plattformen, um seine Sachen an Frau und Mann zu bringen, da musste noch leibhaftig kommuniziert werden.

Ganz ähnlich läuft das auch bei Stricktreffen ab. Die ein oder andere bringt ihre Schätze mit und hofft, dass etwas Passendes für eine jede dabei ist.
Mir hatte es ein Strang Garn in derartig eigenwilliger Färbung angetan, dass ich zuschlug. Überhaupt nicht meine Farben, die Musterung schrill. Jedoch verbindet dieser Dazukauf nun drei Garne zur Singleparty, die sonst weder zueinander gefunden hätten, noch in absehbarer Zeit in ein Projekt gemündet wären. Obwohl: das eine Garn ist der Rest eines Projekts aus dem Jahre 2015, der nun auch aus dem Wollbehälter entkommen ist.
Vom Elternhaus des Dazukaufs – MadelineTosh – hatte ich ein weiteres Knäuel, ein Geschenk, das ich schon verarbeiten wollte, das Projekt passte aber nicht dazu. Seinerzeit hatte ich das sehr bedauert, weil das Garn so wunderweich ist. Ein Knäuel Handmaiden, das einmal als Mitbringsel aus Berlin einwanderte – 2012 oder 2013 – ist nun auch versorgt und der Rest des Garns von Schachenmayr.

Nun kann man sagen: Streifen gehen immer, wenn man nur Minimalmengen von einer Sorte hat. Das Modell, das ich mir ausgesucht hatte, ist jedoch gelochmustert (lochgemustert?), zumindest der prominente Teil. Die Ärmel-Rückenpartie ist einfarbig glattrechts. Man ahnt schon: der Ödnis wurde mit dem Heimstricker entgegengewirkt.

Die Maschenprobe stimmte gar nicht mit der Anleitung überein, also umrechnen. Rechnen und Stricken waren in 90 Minuten erledigt. Dann waren von der Schachenmayr nur noch ein Rest und die Maschenprobe (25g) übrig. Lochmuster wollte ich nicht, aber ein hübsches Zickzackmuster hatte es mir angetan. Das Schachemmayr-Garn wurde für die verkürzten Rippen zur Verlängerung der Vorderteile komplett verbraucht.

Hier also meine Modifikationen in der Übersicht:

  • Rücken und Ärmel wurden mit dem Handstrickapparat gefertigt.
  • Zickzackmuster in krausrechts statt Lochmuster
  • Mehrfarbig statt einfarbig
  • Bei der Aufnahme der Mustermaschen nahm ich nicht 2 Maschen aus 3 Reihen aus, wie empfohlen, sondern 3 Maschen aus 4 Reihen aus, da das Zickzackmuster sich zusammenzieht und an Breite verliert.
  • Die Vorderteile wollte ich länger als beim Modell, so habe ich regelmäßig eine verkürzte Rippe eingearbeitet
  • Kleine Täschchen gibt es auch

Das Modell, das mir als Anregung diente, gibt es auch auf deutsch, ich habe die englische Anleitung verwendet. Die Anleitung ist genauso, wie ich mir eine gute Anleitung vorstelle. Projektberschreibung, Materialien, Maschenprobe, Vogehensweise und vor allem: eine Schnittzeichnung mit Bemaßung. Da weiß man, was auf einen zukommt und wie man das Modell entsprechend der eigenen Körpermaße abändern kann.

So hat also der Dazukauf zur Singleparty eingeladen und ein ein kleidsames Gruppenprojekt umgesetzt.

 

 

 

 

 

 

Ausgleichslänge der Vorderteile mit verkürzten Rippen. Der Übergang ist unsichtbar

Zacke passt genau unter die Achsel

 

 

 

 

 

 

Die Garne, oben der Dazukauf

Das Zickzackmuster – jede Reihe identisch im Muster. Wer will, kann den Übergang zu den verkürzten Rippen suchen

 

MusterAnregung: Reagan
QuelleReagan von Isabell Kraemer
ZickZack Scarf von Christy Kamm
MaterialHandmaiden Fine Yarn Casbah 100g in salbegrün

Madeline Tosh Merino light 100g in helltürkis

Schachenmayr select Mariette 225 g in sage (Salbei)

und der Dazukauf

Madeline Tosh Merino light 100g in Electric Rainbow

NadelnStricknadel 3mm, Strickapparat Brother KH 970
Größe40 – 44
SonstigesGarne fast komplett aufgebraucht

 

 

 

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LanArta

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6 Responses

  1. Liebe Michaela! Die Jacke ist wunderbar geworden! Vor allem verblüfft mich, wie gut die Farben zueinander passen, das hätte ich allein vom Knäuel-Bild nicht vermutet.

    Beste Grüße von Annette

  2. Ja, liebe Verena, diese Dazukäufe sind manchmal diejenigen, aus denen etwas Spannendes zu machen ist. Da muss richtig überlegt werden, wie man diese Singles zum Einsatz bringt. Man kann ja nicht immer nur Tücher stricken 🙂
    Danke für dein Kompliment!

  3. Haahaa, ich musste lachen…jaja, was einem da immer so ins Körbchen springt ist wirklich erstaunlich:-) Und ja, du wirklich was Superschönes draus gezaubert!

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