In den Startlöchern

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Nichts ist so uninteressant wie das Wetter woanders. Es gestaltet sich wie am letzten Wochenende mit Dauerregen und Kälte. Heute Nachmittag kam noch ein  Schneeschauer dazu. Andernorts – wo war das nur? – las ich, man stelle Orangensaft vors Fenster und habe ruckzuck ein Capri-Eis.
Mein Vorhaben jedenfalls, die Balkonkästen zu bepflanzen, auf neudeutsch “Container-Gardening”, konnte ich knicken. Unsere Fressgäste – Meisen und Finken aller Art – sind sauer: das Winterfutter ist zuende, der letzte Knödel aufgepickt. Suchend hüpfen sie herum und warten auf Nachschub.
Wir sind statt dessen auf die Kundgebung anlässlich des 30. Jahrestages von Tschernobyl gegangen. Schließlich liegt in 4km Luftlinie das dienstälteste französische AKW Fessenheim. Wenn sich die Stilllegung noch einige Zeit hinzieht, brauchen wir uns um die Rente tatsächlich keine Sorgen mehr zu machen, dann sind wir nämlich Umweltflüchtlinge. Mal schauen, welches Bundesland uns Verstrahlte dann begeistert aufnehmen wird.

Aber im Vorgarten tut sich was: die Maiglöckchen sind schon auf dem Sprung, der Waldmeister erweist sich als Bodendecker, und dazwischen Bärlauch.

Bärlauch wird nach meiner Meinung überschätzt. Man wird auf dem Wochenmarkt zugeschmissen mit Bärlauchpesto und Bärlauch-Ajoli, ein Pleonasmus, denn Bärlauch ist wilder Knoblauch und Ajoli eine Knoblauchcreme. Ist Bärlauch-Ajoli dann Wilde Knoblauch-Knoblauchcreme? Nichts Genaues weiß man nicht.

Kaum ein Restaurant kommt ohne ein Bärlauchgericht auf seiner Karte aus: Bärlauch-Spaghetti, Bärlauch-Suppe, Nudeln mit Bärlauch-Butter, Bärlauch-Brot, Bärlauch-Pfannkuchen und dergleichen.
Gut ist, dass das heimische Gewächs wieder an Bedeutung gewinnt. Früher war Bärlauch nicht der Rede wert, jetzt scheint er zur Modeerscheinung geworden zu sein.

Fein ist der Waldmeister im Vorgarten. Die Auswahl an Zubereitungen mit Waldmeister ist nicht so üppig. Klassischerweise gibt es die Waldmeister-Bowle, die nach meinem Dafürhalten zum wahren Genuss einen warmen Abend nach einem sonnigen Tag erfordert, den man auf dem Balkon oder im Garten verbringen kann. Das derzeitige Wetter macht eher Lust auf heißen Kakao mit Sahne auf dem gemütlichen Sofa.

Waldmeister mochte ich schon immer gern, als Kind die Brause mit dem künstlichen Geschmack. Oder den Wackelpeter, den meine Mutter oft als Nachtisch machte. In Berlin habe ich einmal eine Weiße mit Waldmeister-Schuss getrunken. Ein Genuss, den ich mir hier im Schwarzwald gar nicht vorstellen kann. Man muss das genauso wenig haben, wie SchniPoSa in der Karibik.

Ich werde Waldmeister einfrieren, um bei Bedarf Eis mit Waldmeistergeschmack zu machen und Tee zu brauen.  Zur Waldmeister-Bowle kommt es hoffentlich in diesem Frühjahr noch.

 

LanArta

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